Granada, das klingt nach maurischer Architektur, wie aus Tausend-und-einer-Nacht entsprungen, nach verwinkelten Gässchen mit unzähligen kleinen und größeren Tapas-Bars, nach spanischen Renaissance-Prachtfassaden mit schmiedeeisernen, blumengeschmückten Balkonen, nach Flamenco und Sangria, nach der schneebedeckten Skyline der Sierra Nevada, nach einem spannenden Mix aus Vergangenheit und Moderne, gemischt mit einer Prise Hippiefeeling.
Granada, das als eine der interessantesten Städte des östlichen Andalusiens gilt, ist alles, nur kein Freiluftmuseum, kein Ort, der nur im Gestern lebt – es ist vielmehr eine Stadt der Vielfalt und der Begegnungen. 240.000 Granadinos, davon 80.000 Studenten, treffen auf geschätzte 170.000 Touristen jährlich, die vor allem wegen der berühmten Alhambra kommen. Die ist unumstritten ein Highlight jeder Andalusienreise, zu sehen gibt es jedoch noch viel mehr, und die üblichen zwei Tage Zwischenstopp am Weg nach Sevilla oder Cordoba sind längst nicht genug, um in die Seele dieser ganz besonderen Stadt einzutauchen.
Flamenco & Maikreuze
Die offenbart sich uns erstmals am Día de la Cruz (Tag des Maikreuzes), mit dem in Andalusien traditionell der Frühling eingeläutet wird. Am 3. Mai sind auf allen Plätzen Bühnen aufgebaut und meterhohe, blumengeschmückte Kreuze aufgestellt, und durch die Straßen drängt sich eine fröhliche Menschenmenge, die auf’s Feiern eingestellt ist. So auch in Granada am Tag unserer Ankunft. Trotz frühmorgendlichen Flugs sind wir sofort mitgerissen von der ausgelassenen Stimmung, lassen uns mit den anderen treiben im Dreieck zwischen der Kathedrale, der Plaza Bib-Rambla mit ihren farbenprächtigen historischen Gebäuden und der Plaza del Carmen, wo die Calle de los Navas, in der sich unser Hotel befindet, einmündet. Wir sind fasziniert von den typischen farbenprächtigen Sevillanas-Kleidern, die von den kleinen Mädchen bis zu älteren Damen nahezu alle weiblichen Gäste tragen. Die Volants schwingen bei jedem Schritt mit, die Absätze der Flamenco-Schuhe klappern und in den Haaren steckt der klassische Peinata-Kamm der Flamenco-Tänzerinnen. Gelebtes Spanienklischee pur, voller Lebensfreude, überall ist Musik, jedes Lokal, das nur irgendwie kann, stellt zusätzliche Tische nach draußen, spezielle Tapas mit Erbsenschoten werden zum allgegenwärtigen Sangria gereicht – der Trubel dauert an diesem Tag bis spät in die Nacht.
Die Alhambra – Eine eigene Welt
Am nächsten Morgen merkt man nichts mehr davon, die Müllabfuhr Granadas ist auf Zack, alles ist wieder sauber aufgeräumt auf dem Weg zur Alhambra. Die „al hambra“, die rote Fes- tung auf dem Sabicahügel, war der Geburtsort des letzten muslimischen Herrschers in Spanien, Boabdil. Sie ist noch in einen zarten Nebelschleier gehüllt, als wir uns um neun Uhr mit Carlos, unserem Guide, treffen. Der Komplex ist riesig, eine eigene Märchenstadt mit Palästen, Gärten, Innenhöfen, plätschernden Brunnen, die von einstiger Pracht und Lebensart zeugen. Den Weg zum Generalife, dem einstigen Sommerpalast, säumen Blumenrabatten, in Form geschnittene Koniferen, Rosenbögen, Becken mit Springbrunnen, Blumen über Blumen – nicht umsonst bedeutet sein arabischer Name Jannat-al Arif „Garten des Architekten“. Der Palast selbst ist bereits ein Vorgeschmack auf die Nasridenpaläste der Alhambra. Carlos ist als Sohn von Spaniern in der Schweiz aufgewachsen und als Erwachsener in die Heimat seiner Eltern zurückgekehrt. Der promovierte Arabistiker hat viele Geschichten und Details für uns parat, die die Historie dieses einmaligen Bauwerks lebendig machen. Mit ihm tauchen wir ein in die ZeitBoabdils, der sich über zehn Jahre den katholischen Königen Spaniens, die damals die Iberische Halbinsel fest in ihrer Hand hatten, widersetzt hatte. Er stellte sich Ferdinand und Isabella entgegen, die es als ihre heilige Aufgabe sahen, die christliche Rückeroberung, die Reconquista, abzuschließen und Granada in ihr Reich einzugliedern. Ihm ist es zu verdanken, dass dieses einzigartige archtektonische Meisterwerk nicht durch den Kampf zerstört, sondern durch seine Kapitulation und seinen anschließenden Rückzug für die Nachwelt gerettet wurde. In den Bauwerken der Alhambra treffen Weltanschauungen und Kulturen aufeinander – wo im Löwen- und Comares-Palast, im Mexuar, in der Medina und im Generalife muslimische Luftig- und Leichtigkeit dominieren, üppige Verzierungen, Mosaike, Stuckaturen,Wasserspiele, lichte Höhen und Weiten die Vorstellung vom Herrscherpalast als Himmel auf Erden untermauern sollten, präsentiert sich der Palast Karls des V. monumental, trutzig, streitbar, die christlichen Gemächer durch die niedrigen Kasettendecken dunkler, enger. Mit der Vertreibung Boabdils begann auch ein dunkles Zeitalter Spaniens, eines, in dem die Inquisition wütete und Intoleranz gegenüber anderen Kulturen als einziger Weg gesehen wurde, sich zu behaupten. Das stimmt nachdenklich, drängen sich doch Parallelen zur Gegenwart auf. In Granada selbst betrachtet man heute das muslimisch-arabische Erbe als Glücksfall, die Stadt ist offen für Vielfalt, das kurbelt den Tourismus an. Gerade in der Gegend am Albaicín lebt das, was wir an der arabischen Kultur schätzen, wieder auf.
Stille Gassen, idyllische Plazas
Hier hier kann man sich problemlos für mehrere Stunden verlieren und ziellos durch das Labyrinth aus hunderten Gassen und weiß gekalkten Häusern schlendern. Hügelauf, hügelab, immer wieder gelangt man an idyllische Plätze, erfreut sich an tiefroten Bougainvilleas, die sich an die weißen Häuser schmiegen, kann den Blick nicht von unzähligen Blumentöpfen an den Hausfassaden wenden, aus denen farbenprächtige Blüten nur so hervorzuquellen scheinen. Zwischendrin immer wieder kleine Teestuben, Tapas-Bars und Restaurants und dazu der Blick auf das imposante Bauwerk am Gegenhügel – die Alhambra. Ungefähr an der Spitze des Albaicín liegt die kleine pittoreske Plaza Larga. Ein perfekter Ort, um den müden Füßen mal eine Pause zu gönnen. Als wir unseren Spaziergang wieder aufnehmen, zieht es uns erst in die Calle Caldereria Nueva, wo man sich ein bisschen wie in Marokko fühlt. Sie ist gesäumt von zahlreichen kleinen Läden, die an einen Bazar in Marrakesch erinnern, und arabischen Restaurants – es duftet verführerisch nach Minztee und Tajine, nach fremdländischen Gewürzen und den verschiedenen Aromen der Wasserpfeifen. Ganz in der Nähe ist die Casa Morisca Horno del Oro, eines der besterhaltenen maurischen Häuser im Albaicín von Granada, einen kurzen Besuch wert. Nur mehr ein paar Minuten sind es von hier zum Cármen de la Victoria. Die Cármenes sind typisch für Granada – Wohnhäuser mit großen, romantischen Gärten in den historischen Vierteln der Stadt. Ebenfalls ganz in der Nähe befindet sich der Paseo de los Tristes, eine kopfsteingepflasterte Promenade, die unterhalb der eindrucksvollen Mauer der Alhambra verläuft. Sie liegt am Fluss Darro und hat, abgesehen von ihrem Namen, nichts Trauriges an sich. Ganz im Gegenteil, sie eignet sich sehr gut zum Bummeln. Immer die eindrucksvolle Alhambra im Blick auf der einen Seite, auf der anderen unzählige Bars und Restaurants, in denen man die hervorragenden Tapas genießen kann.
Tapas – Delikate Häppchen
Das mit den Tapas ist überhaupt eine schöne spanische Sitte. Ein Aufenthalt in Granada ist nicht vollständig, wenn man nicht in den Bars und Beisln den „tapeo granadino“ mitgemacht hat. Dabei werden verschiedene schmackhafte Tapas gratis zu den bestellten Getränken wie Bier oder einem Gläschen Wein gereicht. Diese Tapas sind ein Geschenk des Hauses, weder tauscht man sie um noch wählt man sie aus. Anders wenn man sein Menü selbst zusammenstellt und für die Tapas zahlt, dann hat man die ganze Bandbreite zur Auswahl. Die Andalusier lieben ihre Boquerones (fritierte Sardellen), ihre Chipirones (fritierte Babytintenfische), ihre Surtido de pescado (gemischte fritierte Meeresfrüchte), Gambas fritas, Almejas (Muscheln), Champiñón con ajos, aber natürlich auch Manchego Käse, Ibero Jamon und Patatas bravas – nach einem Aperitif mit Tapas braucht man kein Abendessen mehr.
Grandiose Ausblicke
Eine ebenfalls empfehlenswerte Art, den Abend in Granada zu beschließen, ist es, zum Mirador de San Nicolas hochzupilgern. Dieser Mirador ist einer der beiden großen Aussichtspunkte mit einem sensationellen Blick auf die Alhambra. Der zweite ist der Mirador de San Miguel, der noch ein gutes Stück weiter oben liegt. Von dort hat man nicht nur eine gigantische Aussicht auf die Alhambra, sondern noch dazu auf die Sierra Nevada im Hintergrund. Egal für welchen der beiden man sich entscheidet, den Sunset hier oben zu verbringen ist auf alle Fälle eine gute Wahl. Wir genießen am Mirador de San Nicolas die letzten Sonnenstrahlen des Tages, machen das obligatorische Foto mit der Alhambra als Kulisse und lauschen den Klängen des Orches-ters, das gerade am Platz vor der Kirche San Nicolás aufspielt. „Granada, tierra soñada por mí …“ die Klänge des wohl bekanntesten Liedes über die Märchenstadt in den Ohren schlendern wir zum nahegelegenen Restaurant El Huerto de Juan Ranas. Ein Super-Tipp von Carlos, denn schöner könnte man die blaue Stunde nicht verbringen als hier. Auf mehreren Terrassen locker verteilte Tische ermöglichen allen Gästen mit Blick auf das allabendliche Sunset-Spektakel zu tafeln, bei dem die Alhambra ihrem Namen als „rote Festung“ alle Ehre macht: Ihre Mauern scheinen im Abendrot orange zu leuchten, bevor es ganz dunkel wird und sie im Licht der Scheinwerfer von Neuem erstrahlt. Ein Bild, das man von zahlreichen Fotos und Posts kennt, das aber von der Wirklichkeit noch übertroffen wird.
SPOTLIGHT GRANADA
Some Things to do – Places to go:
Alhambra: Ganz wichtig: Tickets für die Alhambra sind schnell ausgebucht! Man muss sie bereits mehrere Monate im Voraus online buchen. Es gibt einfache Tickets, die den Besuch aller wichtigen Gebäude, von den Nasridenpalästen zu den Gärten, dem Alcazaba und dem Generalife beinhalten. Dieses Ticket ist den ganzen Tag gültig (nicht jedoch abends). Für die Nasridenpaläste muss man zudem die genaue Uhrzeit angeben, zu der man diesen Bereich betreten möchte. Weiters gibt es Tickets mit Audioguide, Gruppenführungen und Individualguide, was natürlich die beste Option ist. La Catedral de Granada: Santa María de la Encarnación de Granada beeindruckt mit ihrer Höhe, der lichten Weite und den geweißten Wänden.
La Madraza: Die ehemalige islamische Universität Granadas liegt nur einen Katzensprung von der Kathedrale entfernt. Albaicín: Das alte arabische Viertel von Granada am Fuß des Hügels der Alhambra ist ein Labyrinth schmaler Gassen mit Kopfsteinpflaster und kleinen Plätzen. Herrlich, hier herumzuschlendern! Vom „Mirador de San Nicolas“ genießt man den besten Ausblick auf die Alhambra. Sacromonte: Das „Viertel der Zigeuner“ mit den typischen Grottenwohnungen ist auch das Viertel des Flamenco. Mercado Alcaicería: der „Große Basar“ und der ursprüngliche maurische Seidenmarkt, heute eher touristisch, aber man findet noch schöne Stücke.
Essen in Granada:
Mit fabelhafter Aussicht auf die Alhambra: El Huerto de Juan Ranas: am besten zum
Sonnenuntergang eintreffen, dann genießt man zur guten Küche auch die blaue Stunde.
Im Zentrum: Puerta del Carmen: Tapas und feine spanische Küche. Alacena de las Monjas: edles Ambiente, besonders schön der Garten.
Hoteltipp:
Romantisch: Palacio National: perfekte Lage in der Altstadt. Die Zimmer gruppieren sich um einen Innenhof. Unser Tipp: Zimmer 33 mit hoher Decke und Balken.
www.hotelpalaciodelosnavas.com
Weitere Infos: Spanisches Fremdenverkehrsamt I www.spain.info I www.spain.info/de/que-quieres/ciudades-
pueblos/grandes-ciudades/granada I www.turgranada.es/de/planea-tu-viaje/
organizate/broschuren-und-plane I www.granadatur.com/granada-card